Eheauflösung (Voraussetzungen)
Die katholische Kirche betrachtet die Ehe grundsätzlich als unauflöslich. Gleichwohl ist die Auflösung einer Ehe in Ausnahmefällen möglich. Sie kommt in Betracht,
- wenn die Ehe kein Sakrament war
oder - wenn die Ehe nicht vollzogen wurde.
In beiden Fällen wird ein bestehendes Eheband getrennt. Dadurch wird der Weg frei für eine neue kirchliche Eheschließung. Weitere Rechtsfolgen ergeben sich aus der Eheauflösung nicht. Der zivilrechtliche Personenstand der Parteien verändert sich dadurch nicht. Kinder, die aus der aufgelösten Ehe hervorgegangen sind, gelten weiterhin als eheliche Kinder.
Auflösung nichtsakramentaler Ehen
Eine gültige Ehe zwischen zwei Getauften ist nach katholischem Verständnis immer ein Sakrament. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um katholische oder um nichtkatholische Getaufte handelt. Als Sakrament ist die Ehe Zeichen für die unverbrüchliche Treue Gottes zu den Menschen. Deshalb kommt der sakramentalen Ehe eine besondere Festigkeit zu.
Ist einer der Ehegatten nicht getauft, kommt eine sakramentale Ehe nicht zustande. Eine solche nichtsakramentale Ehe kann unter Umständen aufgelöst werden.
- Eine Ehe von zwei Ungetauften, von denen einer sich taufen lässt, wird durch eine neue Eheschließung des getauften Partners von selbst aufgelöst, wenn der ungetaufte Partner sich trennt (sogenanntes Paulinisches Privileg).
- Alle übrigen nichtsakramentalen Ehen können durch einen päpstlichen Gnadenakt aufgelöst werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (sogenanntes Glaubensprivileg).
Paulinisches Privileg
In den Anfängen der Christenheit kam es vor, dass ein Ehegatte sich taufen ließ und sich zum "neuen" Glauben bekehrte, während der Ehepartner die Taufe ablehnte. Solche unterschiedlichen religiösen Auffassungen führten nicht selten zur Trennung der Eheleute. Für solche Fälle entschied der Apostel Paulus: Wenn der Ungetaufte sich trennen will, soll er es tun; der getaufte Partner ist in solchen Fällen nicht gebunden (vgl. 1 Kor 7, 15). Aus diesem Schriftwort leitet die katholische Kirche die Möglichkeit ab, eine Ehe aufzulösen, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:
- a) die Ehe wurde von zwei Ungetauften geschlossen;
- b) einer der Ehegatten hat inzwischen die Taufe empfangen;
- c) der ungetaufte Partner verweigert die friedliche Fortsetzung der Ehe, ohne dass ihm der andere dazu berechtigten Anlass gegeben hat.
Glaubensprivileg
Die Auflösung einer nichtsakramentalen, aber gültigen Ehe aufgrund des Glaubensprivilegs ist möglich
- bei Ehen zwischen zwei Ungetauften,
- bei Ehen zwischen einem ungetauften und einem getauften Partner.
Rechtfertigender Grund für die Auflösung der nichtsakramentalen Ehe ist das geistliche Wohl eines katholischen Gläubigen und dessen Wunsch nach einer gültigen und - nach Möglichkeit - sakramentalen Eheschließung, obwohl er entweder selbst oder sein zukünftiger Partner noch durch eine inzwischen gescheiterte nichtsakramentale Ehe gebunden ist.
In diesen Fällen kann der Papst die nichtsakramentale Ehe zugunsten des Glaubens des katholischen Teils auflösen ("Glaubensprivileg"). Wie bei den anderen Formen der Eheauflösung handelt es sich um einen Gnadenerweis. Es besteht kein Recht auf Scheidung.
Die Gewährung ist an folgende Bedingungen geknüpft:
- Es muss sicher feststehen, dass wenigstens einer der bisherigen Ehepartner während des tatsächlichen Bestandes der zu lösenden Ehe nicht getauft gewesen ist.
- Derjenige, der um die Auflösung bittet, darf nicht die maßgebliche Schuld am Scheitern der zu lösenden Ehe tragen. Sein zukünftiger Ehepartner darf gleichfalls durch sein Verhalten nicht deren Scheitern verursacht haben.
- Der Bittsteller und sein zukünftiger Ehegatte müssen versprechen, dass alle Kinder, die aus der neuen Ehe hervorgehen, katholisch getauft werden.
Auflösung nichtvollzogener Ehen
Eine Ehe gilt nach kirchlichem Recht als vollzogen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung mindestens einmal Geschlechtsverkehr miteinander hatten. Eine Ehe, die nicht vollzogen wurde, ist nach dem Verständnis der katholischen Kirche auflösbar.
Die Auflösung der nichtvollzogenen Ehe ist ein Gnadenakt, auf den es keinen Rechtsanspruch gibt. Er ist allein dem Papst vorbehalten. Er wird gewährt, wenn sicher feststeht, dass die Ehepartner nach der Heirat niemals miteinander verkehrt haben und wenn es für die Auflösung einen triftigen Grund (z.B. Wunsch einer erneuten Eheschließung) gibt. Sind die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, kann sie auch gegen den Widerstand des früheren Ehepartners gewährt werden.